Was, ihr geht in diese Genossenschaft?

Gesprächsrunde, Siedlung Sternenfeld I
EBG Jahresbericht 2015
Text: Claudia Kocher | Fotos: Stephanie Wells


Ursi und Kurt, 73 und 71 Jahre. Das Ehepaar lebt seit 1970 im Stausee 1. Er war Lokführer, sie Hausfrau. Die beiden haben zwei Kinder und zwei Enkel.
Assunta, 42 Jahre, verheiratet, drei Kinder, zog 2004 in das Genossenschaftshaus. Sie arbeitet als Raumpflegerin, hört gerne Musik, reist und shoppt gerne.
André, 56 Jahre, verheiratet, zwei Kinder und zwei Enkelkinder. Er kam als 8-jähriger Bub in den Stausee 1. Von Beruf ist er Lokführer.
Margrit, 74 Jahre, verwitwet, ein Sohn, zog 1968 ein. Sie war SBB-Angestellte und arbeitete auf der Birsfelder Gemeindeverwaltung.
Dominique, 37 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, ist Prowinberaterin und Mutter. In Schweden geboren, kam sie 2012 in die Genossenschaft.
Ebenfalls dabei war Dolores Aguilar, 49 Jahre, zwei Kinder, seit 11 Jahren Geschäftsleiterin der EBG. Im Stausee 1 befindet sich ihr Arbeitsort.

Anfangs der 70er Jahre herrschte Wohnungsnot. Wer eine günstige Wohnung in der EBG erhielt, war dankbar, auch wenn der Grundriss klein war. Die Wohnungen am Stausee 1 waren ursprünglich grösser geplant, doch quasi in letzter Minute wurde auf jedem Stockwerk noch eine zusätzliche 3-Zimmer-Wohnung eingezogen. Kurt schreckte das nicht ab: «Wir sind bereits in engen Verhältnissen aufgewachsen, wir kannten nichts anderes.» Dass die Wohnungen klein waren, störte damals beim Einzug kaum jemanden, auch nicht, dass der Bau noch im Rohbau war. Mit handwerklichem Geschick machten sich viele Genossenschafter daran, in der Werkstatt Einbauschränke und Eckbänke zu zimmern, um den Platz möglichst gut auszunutzen. Das gemeinsame Werken förderte auch die Bekanntschaften untereinander, während sich die Frauen damals am Stausee 1 in der heutigen Geschäftsstelle trafen. «Es gab einen Hütedienst, ein Mutter-Kind-Turnen und sogar Makrameekurse», erinnert sich Ursi. «Für Mütter mit kleinen Kindern hatte es hier sehr viele Möglichkeiten.»

Ich wünsche mir weniger Anonymität
Der EBG ist es bewusst, dass in der Birsfelder Siedlung heute ein solcher Treffpunkt fehlt, es gibt Bestrebungen einen Begegnungsraum für die Bewohner zu schaffen. Für Margrit ist das erfreulich. «Das hilft, die Anonymität abzubauen», ist sie überzeugt. Denn: «Ich möchte die Leute kennen, die im Haus wohnen. Der Generationenwechsel macht mir ein wenig Kummer.» Zwar sei es gut, dass eine neue Durchmischung stattfinde, aber man kenne sich nicht mehr so gut wie früher, als man selber noch Kinder gehabt habe. Auch Dominique möchte die Neuzuzüger beim Namen kennen.  Diese soziale Kontrolle im positiven Sinn wird auch von den anderen geschätzt. Natürlich sind auch die Siedlungsfeste nach wie vor ein wichtiger Anlass. Kurt schätzt sie, weil sie zur sozialen Gemeinschaft beitragen. «Man spricht mit Menschen, die man vorher nicht einmal gegrüsst hat. Das schafft Beziehungen.»

Die Freundschaften von damals pflegen wir
immer noch

Das Sternenfeld hatte zu Baubeginn im Dorf keinen guten Ruf, erzählen die älteren Genossenschafter. Man sei skeptisch und voller Vorurteile gewesen. «Doch für uns war es hier nur positiv: Wir kannten die Kollegen und hatten schnell Kontakt untereinander. Die Freundschaften von damals pflegen wir immer noch», sagt Ursi. «Aber heute kennt man die Familien nicht mehr so gut wie früher», ergänzt ihr Mann. Sicher trugen früher die SBB zur Verbundenheit bei. Heute sind die Berufe durchmischter. «Früher hat man auch mehr Rücksicht genommen», findet Lokführer André. Er habe immerhin den Vorteil, dass er überall und jederzeit schlafen könne – was für viele nicht einfach sei. «Der Lärm hat zugenommen», bestätigt Margrit. Doch habe auch sie mit dem Kleinkind die Wohnung damals verlassen müssen, wenn ihr Mann wegen der Schichtarbeit schlafen musste. «Und die Wohnung ist immer noch so klein wie damals», ergänzt André, obwohl seine beiden Kinder bereits ausgezogen sind. Bauliche Veränderungen wünschen sich einige, aus verschiedenen Gründen. Margrit hätte beispielsweise lieber eine Dusche anstatt der Badewanne.

Wir sind glücklich hier
Für die vielen Kinder, die es damals gab, war das Sternenfeld ein Paradies. Überall grün, überall Platz zum Spielen, vieles war unbebaut. Fünfzig Jahre später schätzen die Genossenschafter den Ort immer noch aus den gleichen Gründen. «Das Grün hier gefällt mir sehr», so Assunta. Kurt schwärmt: «Die Umgebung ist offen und weit.» Und Margrit ergänzt: «Man kann atmen.» Für Dominique war die Lage entscheidend: «Das Wasser, die vielen Spielplätze, der Wald, die Nähe zur Stadt und zur Autobahn: Die Lage ist wahnsinnig toll.» André schätzt das auch: «In zehn Minuten bist du mit dem Velo in der Stadt.» Auch nachts sei es sehr ruhig hier, meint Kurt. «Man kann nachts die Fenster offen lassen – ausser ein paar Töffli hört man nichts. Was nützt mir eine luxuriöse, dreifach-verglaste Wohnung, bei der man die Fenster nicht öffnen kann? Wir sind glücklich hier.» Allgemein geschätzt werden auch die Laubengänge. Sie schaffen ein natürliches Miteinander. «Man muss die Leute nicht gleich in die Wohnung lassen und kann sich doch längere Zeit miteinander unterhalten. Ich habe mit allen auf meinem Stock Kontakt, bin mit allen per Du. Es ist fast wie in einem Dorf», erklärt Dominique. 

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